Grußwort
Bildungsprogramm 2013-2014 Liebe Schulfreunde! Hinterwälder! Anlässlich des neuen Modellprojekts der Ländlichen Heimvolkshochschule Lauda "Beweidung der Obstwiesen bei Oberlauda mit Hinterwäldern aus dem Südschwarzwald", möchte ich an dieser Stelle den Bauern und Schriftsteller Franz-Karl Rödelberger (1928-97) vom biologisch-dynamischen Goldenhof im Südschwarzwald zu Wort kommen lassen. Rödelberger wusste die Vorzüge dieser kleinen Rinderrasse zu schätzen und sagte dazu folgendes: "Will man einen zurückgebliebenen, geistig unbeweglichen, alten Menschen, der am Vergangenen hängt, mit einem Wort, das alle diese Eigenschaften beinhaltetet, titulieren, dann sagt man: Typisch Hinterwälder!" "Nun gibt es wirklich eine kleine Kuhrasse, die so heisst. Sie ist im Hochschwarzwald beheimatet. Sie ist tatsächlich zurückgeblieben und darin liegt der große Fortschritt. Alt ist die Rasse auch vom Ursprung her; sie lässt sich bis in die Zeit der Kelten zurück verfolgen. Damit haben wir einen Beleg, dass sie sich bewährt hat, sonst wäre sie nicht mehr da." "Wenn ich vorhin sagte, darin liegt der große Fortschritt, dass die Hinterwälder zurückgeblieben sind, dann deshalb, weil wir den Zusammenbruch hochgezüchteter Rinderrassen in Bälde erleben werden. Wenn man bedenkt, dass 1987 nach offiziellen Angaben der Durchschnitt im Leben einer Kuh 2,6 Kälber betrug und die jüngsten Meldungen aus Spitzenbetrieben die Zahl 1,1 angeben, dann kann man mit wenig Phantasie sehen, was da auf uns zukommt. Durchschnitt der Goldenhof-Hinterwälder: 14 Kälber." "Eine Hungersnot zum Beispiel, durch Auftreten neuer Krankheiten beim Getreide, auch der Ausfall von Regen oder ein Aufstand der hungernden Völker gegen ihre Ausrauber würde mit sich bringen, dass das zu Gott schreiende Unrecht, wo das Brot der Armen als Futter für die Kühe der Reichen verwendet wird, aufhört. Dann gibt es auch keine Milch mehr! Und wenn doch, dann von zurückgebliebenen Hinterwäldern." "Wo andere Kuhrassen, besonders in nassen Jahren, die Grasnarbe zerstören, wird unter dem Tritt der leichten Hinterwälder die Weide verbessert." "Leider ist Hinterwälder nicht mehr gleich Hinterwälder. Dem Zug der Zeit folgend wurden schwerere Rassen eingekreuzt." "Wenn nicht große Anstrengungen gemacht werden und nicht ab sofort auch echte, kleingebliebene, futterdankbare, leichtfüßige und langlebige Zuchtstiere vom Körzwang befreit werden, .... dann sind diese Tiere vom Aussterben bedroht." "Streng getrennt werden müsste der leichte und der schwere Hinterwälder. Die Steilhänge lassen sich nicht ändern. Aber das Gewicht der Kühe, um schadlos weiden zu können, kann sehr wohl bestimmt werden." "Und noch eine Besonderheit: Kommt da eine Anfrage aus der Schweiz, ob wir je Milchfett-Untersuchungen gemacht hätten. Eine amtliche Untersuchung habe bei einer Goldenhof-Kuh 6 Prozent Fett (normal ist 4 Prozent) ergeben. Wir haben keine Fettproben gemacht. Aber eine ganz alte Bäuerin aus Urberg sagte zu mir: Ja, ja, wie wir ganz früher die Hinterwälder hatten, da lief das Butterfass." "Wenn wir gefragt werden, wieviel Milch so eine kleine Kuh gibt, sagen wir acht bis zehn Liter. Wir haben eine mit neun Liter verkauft, und da sie in eine bessere Gegend kam, hat sie dort vierzehn Liter gegeben. Hat man schlechtes Futter, gibt sie nur zwei Liter. Hat man gutes Heu, gutes Öhmd und fünf Kilogramm Rüben dazu, sieht die Sache schon anders aus. Wenn genügend in die Zukunft schauende Menschen sich der Hinterwälder annehmen, kann dieses Kulturgut erhalten werden. Und in zehn Jahren werden wir uns beglückwünschen, erhalten zu haben, was in schlechten Zeiten auf karger Weide und im Winter bei Heu und Öhmd, Rüben und Wasser eine köstliche Milch gibt, die unsere Kinder gesund aufwachsen lässt." (Zitate aus dem Buch "Bodenlos", das Steh-Auf-Buch von Franz-Karl Rödelberger) Mit herzlichem Gruß Ihr Wolfgang Anton Knoch Schulleiter |